Die Anforderungen an Planungsbüros steigen – und zwar gleichzeitig auf zwei Ebenen: Einerseits soll nachhaltiger geplant werden, andererseits schreitet die Digitalisierung der gesamten Baubranche spürbar voran. Beide Entwicklungen laufen parallel und greifen ineinander – wer langfristig erfolgreich arbeiten will, muss beides zusammendenken.
Doch wo anfangen, wenn man gefühlt überall etwas tun müsste? Eine pauschale Antwort gibt es nicht. Vielmehr geht es darum, eigene Handlungsfelder gezielt zu identifizieren – abgestimmt auf Projektstruktur, Teamgröße, Tools und Leistungsbild. Dieser Beitrag zeigt, mit welchen Themen Planungsbüros sich jetzt konkret auseinandersetzen sollten, um fit für die nächsten Jahre zu werden.
Der erste Schritt: Eigene Handlungsfelder erkennen
Nicht jedes Büro muss alles gleichzeitig können. Aber jedes Büro sollte wissen, welche Themen für den eigenen Geschäftserfolg entscheidend werden. Die folgenden Punkte bieten eine gute Grundlage zur Standortbestimmung – und für eine realistische Roadmap.
1. Digitale Planung & BIM-Standards: Der neue Maßstab
BIM ist längst mehr als ein Schlagwort. In vielen Projekten ist modellbasiertes Arbeiten bereits Standard oder wird vom Auftraggeber gefordert. Wer hier nicht mitzieht, verliert Aufträge – oder wertvolle Zeit durch Nachbearbeitung.
Fragen, die sich Büros stellen sollten:
- Haben wir einheitliche BIM-Standards und Modellierungsrichtlinien?
- Funktionieren unsere Schnittstellen zu Fachplanern und AVA?
- Wie sieht unser Datenmanagement im Modell aus?
2. Nachhaltigkeit messbar machen – z. B. mit LCA oder DGNB-Kriterien
Ob ESG-Vorgaben, QNG-Nachweise oder öffentliche Ausschreibungen mit CO₂-Vorgaben: Nachhaltigkeit ist heute messbar – und wird gefordert. Planungsbüros müssen in der Lage sein, schon in der frühen Entwurfsphase die Auswirkungen ihrer Entscheidungen zu belegen.
Konkrete Handlungsfelder:
- LCA-Werkzeuge ins Planungsteam integrieren
- Baustoffdatenbanken mit Ökobilanzwerten nutzen
- Zertifizierungsanforderungen planerisch umsetzen
3. Cloudbasierte Kollaboration & vernetzte Projektarbeit
Verteilte Teams, wechselnde Partner und hybride Arbeitsformen erfordern neue Tools und Abläufe. Klassische Dateiserver und manuelle Mailabstimmung stoßen hier schnell an Grenzen.
Praktisch bedeutet das:
- Einführung eines cloudbasierten CDE (Common Data Environment)
- Rollen- und Rechtekonzepte für externe Projektbeteiligte definieren
- Nachvollziehbare Änderungsdokumentation im Projektverlauf
4. KI-gestützte Planungsoptimierung: Chancen erkennen und testen
Noch ist KI kein Standard – aber sie klopft an die Tür. Erste Tools unterstützen bei Grundriss-Generierung, Variantenbildung oder Massenberechnungen. Wer offen testet, lernt frühzeitig den Nutzen (und die Grenzen) kennen.
Fragen für den Einstieg:
- Wo entstehen in unserer Planung repetitive Aufgaben?
- Welche KI-gestützten Tools könnten diese Aufgaben unterstützen?
- Wie können wir KI kontrolliert und verantwortungsvoll einsetzen?
5. Ressourceneffizienz durch clevere Planung
Effiziente Planung bedeutet nicht nur weniger Aufwand im Büro, sondern auch weniger Materialverbrauch und Energieeinsatz im Gebäude. Frühzeitige Variantenvergleiche und Planungsentscheidungen zahlen sich doppelt aus.
Mögliche Maßnahmen:
- Variantenplanung mit Fokus auf graue Energie und CO₂
- Integration von Rückbaukonzepten bereits im Entwurf
- Nutzung optimierter Bauteilkataloge und Re-use-Datenbanken
6. Regulatorische Anforderungen digital im Griff behalten
Immer neue Vorgaben (QNG, ESG, EnEV, Bauordnungen) müssen in die Planung integriert werden – oft unter hohem Zeitdruck. Wer regulatorische Anforderungen digital unterstützt, spart Zeit und reduziert Fehler.
Praxisbezug:
- Checklisten und Regelwerke in digitale Workflows überführen
- Softwarelösungen zur normgerechten Planung einsetzen
- Aktualitätsmanagement für Vorschriften etablieren
7. Agile Projektsteuerung im Planungsteam
Gerade bei komplexen Projekten mit vielen Beteiligten wird Planung zunehmend zur Koordinationsaufgabe. Klassische Wasserfallmodelle stoßen hier oft an ihre Grenzen – agile Methoden schaffen mehr Flexibilität.
Was helfen kann:
- Iterative Planungsetappen mit klaren Feedbackschleifen
- Kanban-Boards und digitale Task-Tools im Team etablieren
- Regelmäßige Retrospektiven zur Prozessverbesserung
8. Mitarbeiterkompetenzen gezielt weiterentwickeln
Neue Technologien bedeuten neue Anforderungen – und veränderte Rollen im Team. Vom BIM-Koordinator bis zur Nachhaltigkeitsexpertin entstehen neue Profile, die systematisch aufgebaut werden müssen.
Konkrete Fragen:
- Wer übernimmt bei uns welche neuen Verantwortlichkeiten?
- Wie organisieren wir Wissensaufbau im Tagesgeschäft?
- Welche Weiterbildungen sind strategisch sinnvoll?
9. Cybersecurity und Datenschutz
Vernetzte Datenmodelle, sensible Kundendaten und cloudbasierte Plattformen bringen neue Risiken mit sich. IT-Sicherheit wird damit zur Führungsaufgabe.
Wichtige Maßnahmen:
- Sicherheitskonzepte für cloudbasierte Systeme prüfen
- Zugriffskontrollen und Rollenmodelle konsequent umsetzen
- Mitarbeitende für Phishing & Datenschutz sensibilisieren
10. Open Data & Smart City Integration
Gerade im öffentlichen und städtebaulichen Bereich gewinnen offene Standards und vernetzte Planung an Bedeutung. Wer heute schon Strukturen für Open Data aufbaut, hat morgen Vorteile bei der Integration in Smart-City-Projekte.
Fazit: Vom Tagesgeschäft zur Transformation
Die gute Nachricht: Nicht alles muss sofort umgesetzt werden. Aber jedes Büro sollte sich strukturiert überlegen, welche Themen im eigenen Kontext relevant sind – und welche konkret angegangen werden sollten.
Die vorgestellten Felder bieten dafür eine erste Orientierung. Jetzt geht es darum, die eigenen Prioritäten zu setzen – und loszulegen.
Sie haben Fragen oder möchten den Wandel aktiv gestalten?
Dann sprechen Sie uns gerne an: patrick.stumpf@mum.de
Wir unterstützen Sie mit passgenauen Lösungen, Schulungen und praxisnaher Beratung.
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